Im Solling lebte einstmals der Oberjägermeister Hackelberg. Dem war keine Hatz im dunklen Tann zu wild, ob am Werktag oder gar am heiligen Sonntag. Als wieder einmal im tiefsten Winter eine große Hetzjagd im Solling sein sollte, hatte er in der Nacht zuvor einen schweren Traum: Er habe bei der Jagd einen wilden Eber aufgescheucht, der ihn überrannt und mit seinen scharfen Hauern auf den Tod verwundet habe. Als er seiner Frau von dem Traum erzählte, bat sie ihn inständig, das Schicksal nicht herauszufordern und diesmal nicht mit auf die Jagd zu reiten. Schließlich gab er ihrem Drängen nach und ließ seine Genossen allen zum Waidwerk in die dunkelen Sollingforste ziehen.
Als sie in der Abenddämmerung zurückkehrten hatten sie einen kapitalen Keiler gestreckt, den sie vor Hackelberg brachten. Der betrachtete den Kadaver, hob ihn am Rüssel empor und höhnte: "Du bringst mich nicht mehr zur Strecke!!" Da, als er den Kopf des Keilers fallen ließ, riss der gekrümmte messerscharfe Hauer des Keilers Hackelbergs Wade bis zum Knöchel auf. Auch wenn er die Wunde anfangs gering achtete, so begann sie doch bald zu schwären und wurde immer schlimmer, so daß Hackelberg bald auf den Tod niederlag. Als er nun merkte, dass es zum Ende gehe und er auf so elende Weise sterben müsse, da verfluchte er sich selbst, dass er nicht selig werden und auf ewig im Solling jagen wolle, ohne Ruhe zu haben im Grabe. Begraben solle er sein im Solling an der Stelle, wohin sein Schimmel den Schlitten mit seiner Leiche ziehe! Damit erlosch sein Lebenslicht.
Seine rauhen Gesellen, die den wilden Fluch gehört hatten, erfüllten seinen letzten Wunsch, wenn auch das Grauen sie ankam. So zog denn der Schimmel den Schlitten mit dem Leib seines Herrn durch das dichte Schneetreiben dorthin, wo Hackelberg im Leben stets am liebsten geweilt hat, in den düsteren Fichtenforst des Moosberges bei Silberborn.
Dort senkten die Knechte Hackelbergs Leib in die Erde und verwischten die Spuren des Grabes, so dass die Stelle bis auf den heutigen Tag ungewiss geblieben ist. Alljährlich aber, wenn der Herbst die Sollingwälder rnit rotbronzenem Leuchten überzieht und die Jagdzeit herankommt, erfüllt sich der schlimme Fluch: Hackelberg steigt aus dem Grab empor, seine rauhen Gesellen, Knechte und Hunde treten an seine Seite und mit Halali und Hoi-Ho-Toho trabt die wilde Bande zur ewig wiederkehrenden Hatz über die Sollingwipfel. Die herbstliche Ruhe ist dahin, in den Lüften erhebt sich ein Rauschen, immer lauter, immer stärker, und schließlich fegt ein Ansturm, und mancher Baum birst unter den Hufen der wilden Jagd krachend zu Boden. Schließlich haben die Gewalten sich ausgetobt und Hackelbergs wilde Jagd fährt an heimlicher Stelle wieder in ihre Grüfte hinab, um dort des nächsten Hala-lis zu harren.
Der Solling zeigt dann wieder seine versöhnliche Seite; der Sturm hat die Hochnebel aus den Wäldern vertrieben, die Sonne sendet Ihre Strahlen durch die hohen Stämme der Buchenwälder und über die lieblichen Sollingtäler, wo gastliche Stätten und historische Plätze den Wanderer zum Verweilen laden. Und die Menschen, die im Schutz der Mauern die bösen Wetter abgewartet haben, können aufatmen: Hackelberg ist mit seiner wilden Schar vorübergezogen!